
Symbolbild: Atomkraftwerk bei Sonnenuntergang, im Vordergrund eine grüne Landschaft
In einem Artikel der WELT zieht Autor Axel Bojanowski einen drastischen Vergleich: Den Abriss des Atomkraftwerks Gundremmingen stellt er in eine Reihe mit der Sprengung der Buddha-Statuen durch die Taliban. Ein Vergleich, der nicht nur geschmacklos, sondern auch irreführend ist. Denn während die Taliban ein kulturelles Erbe zerstörten, beendet Deutschland mit dem Rückbau seiner Kernkraftwerke eine Ära riskanter und teurer Technologie – und setzt auf Verantwortung statt Verklärung.
Wer nüchtern auf die Fakten blickt, erkennt: Das Ende der Atomkraft ist kein Akt der Zerstörung, sondern ein Zeichen von Fortschritt, Weitsicht und technologischem Können.
Atomkraft ist kein Fortschritt, sondern ein Risiko mit langem Schatten
Wer nüchtern auf die Fakten blickt, erkennt: Das Ende der Kernenergie in Deutschland ist kein Rückschritt, sondern das logische Ergebnis aus wissenschaftlicher Erkenntnis, sicherheitspolitischer Verantwortung und ökonomischer Vernunft.
1. Sicherheit bleibt das Hauptargument
Atomenergie ist eine Hochrisikotechnologie – und bleibt es, trotz aller Fortschritte. Die Katastrophen von Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) haben gezeigt: Absolute Sicherheit gibt es nicht. Ein einziger Reaktorunfall kann ganze Regionen unbewohnbar machen und Generationen belasten.
Deutschland hat aus diesen Ereignissen Konsequenzen gezogen. Der Atomausstieg war keine Panikreaktion, sondern eine rationale Entscheidung, das Risiko nicht länger hinzunehmen.
2. Endlagerung – das ungelöste Erbe der Atomkraft
Seit über 60 Jahren produziert die Atomindustrie radioaktiven Müll – doch ein sicheres Endlager existiert bis heute nirgendwo auf der Welt. In Deutschland lagern über 1.900 Behälter mit Brennelementen in Zwischenlagern, die nur für einige Jahrzehnte ausgelegt sind.
Die Suche nach einem Endlager wird laut der Bundesgesellschaft für Endlagerung bis 2080 dauern. Das bedeutet: Wir produzieren Abfälle, die länger strahlen, als jede menschliche Zivilisation bisher existiert hat. Von Nachhaltigkeit kann keine Rede sein.
3. Atomstrom ist teuer – und wird es bleiben
Das Märchen vom „billigen Atomstrom“ hält keiner Kostenrechnung stand. Bau, Rückbau und Endlagerung werden zum größten Teil von der öffentlichen Hand getragen – also von uns allen. Die tatsächlichen Gesamtkosten der Kernenergie in Deutschland werden auf über 170 Milliarden Euro geschätzt.
Zum Vergleich: Strom aus Sonne und Wind ist heute die günstigste Energiequelle der Welt, laut Internationaler Energieagentur (IEA).
4. Atomkraft bremst die Energiewende – Speicher treiben sie voran
Atomkraftwerke liefern keine flexible Energie. Sie laufen am effizientesten, wenn sie konstant produzieren – und passen damit schlecht zu einem modernen Energiesystem, das auf Sonne und Wind setzt. Statt Fortschritt zu fördern, blockieren alte Reaktoren häufig Investitionen in neue, dezentrale Strukturen.
Die Zukunft liegt in Großspeichern, die Stromüberschüsse aus erneuerbaren Quellen aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben können – Batteriespeicher, Wasserstoffsysteme oder Pumpspeicherwerke.
Diese Technologien schaffen Versorgungssicherheit ohne Strahlung, ohne Endlager, ohne Restrisiko. Was früher ein Traum war, wird heute Realität: Stromnetze, die intelligent gesteuert, dezentral versorgt und klimaneutral betrieben werden.
5. Neue Reaktortypen lösen keine alten Probleme
Ob Small Modular Reactors (SMR) oder Thoriumreaktoren – viele dieser Konzepte sind bisher Visionen auf dem Papier. Die Kerntechnik der Zukunft bleibt teuer, komplex und nicht frei von Entsorgungsfragen.
Selbst Studien der IEA und der OECD bestätigen: Neue Reaktoren kommen zu spät, um den Klimawandel spürbar zu bremsen.
Der Traum vom „sicheren Mini-Reaktor“ mag technisch faszinieren, aber politisch und ökonomisch bleibt er ein Luftschloss.
6. Fortschritt heißt: Wissen, wie man abschaltet
Der Rückbau eines Atomkraftwerks wie Gundremmingen ist kein Zeichen von Niedergang, sondern eines von Reife. Deutschland beweist, dass man eine der komplexesten Technologien der Welt geordnet, sicher und transparent stilllegen kann.
DAS ist Ingenieurskunst auf höchstem Niveau – und ein klares Signal an kommende Generationen: Wir übernehmen Verantwortung.



